Alles was Sie über die Kunst wissen müssen

Die Buntheit des Mikrokosmos hat mich 1999 spontan dazu inspiriert, seine unsichtbare Welt in Form von Gemälden sichtbar zu machen. Ferdinand Julius Cohn berichtete schon 1872 über diese Farbenvielfalt. Ich entdeckte aber im Laufe meiner Arbeiten ein weiteres  künstlerisches Potenzial im Mikrokosmos. Wenige Mikroorganismen besitzen die Fähigkeit    sehr komplexe Bilder zu komponieren. Dazu reicht ein winziger Ausgangspunkt. Das Malen nannte ich „Bacteriographie“ und die Kompositionen „Bacterioästhetik“. 

Es handelt sich um Disziplinen mit höchsten wissenschaftlichen und künstlerischen Anforderungen. Das war schon nach den ersten Versuchen mein Eindruck.

In erster Linie durchforste ich Luft und Wasser. Dort findet man auch die meisten Farben. Aber auch Bodenproben, Schneeflocken, Lebensmittel und Sandproben liefern  mitunter interessante Organismen. Das „Fangnetz“ im Mikrokosmos stellt die Petrischale dar.

Am Anfang (1999) kam fast jeden Tag ein Neuling dazu, heute (2023) sind nahezu 10.000 Fundversuche erforderlich, um einen Neufund zu landen. Das „Fangnetz“ des Bacteriographen ist die Petrischale. 

In der Luft dominieren Rot, Orange, Gelb, Weiß, Beige. Sehr selten sind Braun-, Grau- und Olivgrün-Töne. Im Wasser sind Gelb- und Violett-Töne eher häufig, Blau und Grün dagegen selten. Es gibt einige Farben, die bei rd. 50.000 Fundversuchen (2023) kein zweites Mal in Erscheinung getreten sind. Dazu kommt, dass von den Funden nur ganz wenige für die Kunst geeignet sind. Es bleiben also nur ganz wenige übrig…

Einen Tiefkühlschrank (-70 bis -80°C) für die Aufbewahrung des „Ensembles“ und einen Reinraum für das Erstellen der Kunstwerke. Des Weiteren eine sterile Werkbank und jede Menge Kleingerätschaften!

Sie wird zur Vortrocknung des Maluntergrundes verwendet. Sie gewährleistet, dass auch nach Trocknungszeiten von mehreren Stunden keine fremden Mikroorganismen auf die Malfläche gelangen können. 

Ja, im Reinraum wird gemalt. Das wäre unter der sterilen Werkbank nicht möglich. Mit dem Reinraum muss ich sehr heikel umgehen werden. Und es herrscht immer ein kleiner Überdruck an steriler Luft. 

Ja, dieser ist in der Regel auf 23°C eingestellt. Die künstlerischen Talente sind temperaturabhängig. 

Nein, absolut nicht! Abgesehen davon, dass ein fertiges bacteriographisches Gemälde auf Grund verschiedener Inaktivierungsvorgänge keine lebenden Bakterien enthalten kann, sind selbst die lebenden Bakterien ungefährlich. Dass der lebenden Materie mit einem gewissen Respekt begegnet werden muss, versteht sich von selbst.

Bei bacteriographischen Gemälden ist vieles anders. Es muss mit so wenig Biomasse gemalt werden, dass man nach dem Malen – vielleicht außer ein paar zarten Spuren - nichts sehen kann. Erst durch die millionenfache Vermehrung der aufgemalten Biomasse wird das Bild nach 2-3 Tagen allmählich sichtbar. Beim Aufbringen von bereits sichtbaren Mengen an Biomasse sind viele Regulative der verschiedenen Maltechniken blockiert. Ein daraus resultierendes Gemälde besäße keinerlei Charakter. 

Es ist fast unsichtbar. Zarte Spuren sind ja zu sehen. Das ist noch nicht das eigentliche Problem. Viel schwieriger ist es, den Pinsel kein einziges Mal falsch anzusetzen. Das ist bei mitunter 2000 Malansätzen schon sehr konzentrationsintensiv. Ohne jahrelange Studien geht da gar nichts…

  • Bacteriographische Aquarelltechnik,
  • Bacteriographische Invasionstechnik,
  • Bacteriographische Craquelé-Technik
  • Bacteriographische Weichzeichnung und
  • Bacteriographische Gemälde, die an Ölbilder erinnern.

Es gibt 2 Prinzipien:

Die sehr strenge Regie:

Die Bildumsetzung erfolgt exakt nach meinen Vorgaben. Dieses Prinzip wird hauptsächlich bei gegenständlichen bzw. anderen aufwändigen Motiven angewendet. Der Zufall hat dabei keinen Einfluss!

Die eher sanfte Regie:

Viele Ensemblemitglieder können ihre Eigenschaften in sog. Bandbreiten entfalten. Die Bandbreite kann gesteuert werden. Je enger sie wird, umso mehr nähere ich mich der strengen Regie. Wenn die Bandbreiten großzügiger geplant werden, kann der Zufall immer mehr bildgestalterische Aufgaben übernehmen.
Dem Zufall wird Raum gegeben, ganz von meiner Regie entkoppelt ist er natürlich nicht. Interessanterweise entscheidet sich der Zufall sehr häufig für die zum bacteriographischen Gemäldetyp passende Dimension. Ich werde den Eindruck nicht los, dass der Zufall (Sie gestatten mir die Personifizierung des Zufalls) einen Sinn für Ausgewogenheit, Harmonie und Stimmigkeit besitzt!

Auf jeden Fall! Es gibt genügend Parallelen zum Schauspiel. Nicht umsonst sehe ich in der bacteriographischen Bildentwicklung eine Allegorie auf ein Schauspiel. Manche Ensemblemitglieder können mehr als 100 Rollenspiele übernehmen. 

Bacteriographische Rollen gibt es viele! Die Farbausbildung, Effektausbildung, diverse Strukturgebungen, z. B. Craquelé, das Erzeugen einer oder mehrerer Zusatzfarben, Pointillismus ausbilden, schwärmen… All das sind Rollen. Natürlich benötigen sie dazu eine Bühne. Erst auf meinem bacteriographischen Bühnen konnten die Organismen zu Ensemblemitgliedern avancieren, auf ihr Können aufmerksam machen und ihre Fähigkeiten umsetzen. Das trifft besonders auf die Bacterioästhetik zu.

Sie muss alle erforderlichen Nährstoffe enthalten. Keinen zu viel und keinen zu wenig. Das Minimumgesetz wird tragend. Als Trägerschicht dient unter anderem vorbehandeltes Aquarellpapier, das noch mit einer Gelschicht versehen wird. Darauf kann gemalt werden.

Ich kann es aber gerne auch mit den Worten von Matthias Kralj (Bühnen- und Kostümbildner, geb. 1933 in Ljubljana) sagen:

„Ich habe begriffen, was am Theater erwartet und was gebraucht wird:

  • Räume, die das rechte Maß haben –
  • Spielräume,
  • Räume des Erzählens,
  • Ausdrucksräume,
  • magische Räume…“

Und ich habe begriffen, dass keines dieser Elemente bei der bacteriographischen Bühne fehlen darf!

Die Arbeit setzt sich folgendermaßen zusammen:

  • Planung: welche Farben, Technik, Regie,
  • Vorstudien zum Gemälde,
  • Bühnenbildung,
  • Malvorgang,
  • Entwicklung,
  • Haltbar machen.

 

Einfache Bühnen sind in ca. 10 Minuten fertig, Multifunktionsbühnen dagegen können bis zu 10 Stunden in Anspruch nehmen.
Beim Malen ist es ebenso. Zehn bis fünfzehn Minuten bis zu einer maximalen Tagesleistung von 17 Stunden. Meist wird auf einfachen Bühnen ein aufwändiges Motiv und auf aufwändigen Bühnen ein einfaches Motiv gemalt, da im letzten Fall die Bühne gestalterisch mitwirkt.
Insgesamt dauert das Anfertigen eines bacteriographischen Gemäldes ca. 1 Woche.

Bei der Bacteriographie ist eigentlich alles neu!
Der epochalste Paradigmenwechsel war wohl die Einführung der Dynamik bzw. von schauspielerischen  Elementen in die Bildende Kunst. Da es Parallelen zum Schauspiel gibt, ist eine Quervernetzung zur Darstellenden Kunst unübersehbar.
Noch einige Novitäten:

  • Lebende Farben,
  • Maluntergrund hat die Funktion einer Bühne,
  • Allegorie zum Schauspiel,
  • Regieführung,
  • Unsichtbares Malen mit anschließender Bildentwicklung…

Ja, es sind sog. Pigment-Kunstdrucke.
Für den Pigmentdruck werden spezielle Pigmenttinten und eigens dafür entwickelte Drucker verwendet. Diese Pigmenttinten sind laut Testergebnissen des unabhängigen Wilhelm Imaging Research Institutes weit länger als 100 Jahre haltbar. Dies entspricht ungefähr der zehnfachen Haltbarkeit von Tinten, die bei einer Vielzahl an Farbfotodrucken verwendet werden. Pigmenttinten sind hoch licht-, alterungs- und somit archivbeständig.
Die Pigment-Kunstdrucke sind streng limitiert. Von einem bacteriographischen Originalgemälde gibt es nur 10-20 Pigment-Kunstdruck-Ausfertigungen, bei bacterioästhetischen Werken deren 50.

Die meisten bakteriellen Farbstoffe und Pigmente sind recht gut lichtbeständig. Dennoch sollten bacteriographische Originale nicht in hellen Bereichen auf Dauer verweilen. Diese Naturwunder sollten eher als Sammlung in einer Mappe aufbewahrt werden. Beim Erwerb eines Originales erhält der Käufer zusätzlich einen authentischen Pigmentkunstdruck, der wie ein konventionelles Gemälde gehandhabt werden kann. Das einzigartige und wertvolle Original kann ja jederzeit besichtigt und präsentiert werden…

Nein, auf keinen Fall! Wahrscheinlich gibt es gar kein Ende!

Nein, die Ensemblemitglieder werden in einem von mir entwickelten Medium bei minus 75°C aufbewahrt. Der Verlust nur eines einzigen Ensemblemitgliedes wäre für mich, gelinde gesagt, eine Katastrophe.

24 Jahre, daraus resultieren rund 40 Malorganismen und eben soviel Kandidaten für die Bacterioästhetik. (Stand 2023)

Ja, ich will die Bacteriographie und auch die Bacterioästhetik nicht entmystifizieren. Das wäre irgendwie schade. Die Papiertechnologie, die Bühnen und viele Handhabungen gehören also zum Betriebsgeheimnis.